Garnelen – Gattungen für Süßwasseraquarien

Gastbeitrag von Robert Brungert, Betreiber der Website Wirbellose im Aquarium.

In vielen Aquarien leben bereits Garnelen im gemischten Besatz mit Friedfischen und Schnecken zusammen. Einige sehen schön aus oder sind interessant zu beobachten. Viele Zwerggarnelen der Gattung Caridina oder Neocaridina sind zugleich nützlich – sie vertilgen Algen, Mulm oder Futterreste anderer Mitbewohner. Zwischen den Garnelen-Gattungen gibt es grundlegende Unterschiede, die hier zusammengefasst werden. Doch auch die Arten beziehungsweise Hochzuchten innerhalb einer Gattung können sich in ihren Ansprüchen deutlich zueinander unterscheiden.

Zwerggarnelen der Gattung Caridina

Innerhalb der Gattung Cardina sind über 260 Arten bekannt, nur einige sind für das Süßwasseraquarium interessant. Zu den Klassikern gehören die Amanogarnele, Bienengarnele oder Tigergarnele. Alle 260 Arten verteilen sich über drei Gruppen der Fortpflanzung:

Der entwickelte Fortpflanzungstyp
Die Weibchen tragen die befruchteten Eier für einen Monat, bis die vollentwickelten Junggarnelen schlüpfen. Diese haben bereits Schreitbeine und suchen Deckung in dichter Bepflanzung oder in sogenannten Mooskugeln. Meistens tragen die Weibchen 20 bis 40 Eier im Brutraum zwischen ihren Schwimmbeinen. Die vollentwickelten Junggarnelen haben gute Überlebenschancen und benötigen keine weitere Brutpflege durch ihre Eltern.

Der primitive Fortpflanzungstyp – Süßwasser
Die Weibchen setzen hunderte kleine Eier in das Wasser ab. Aus den Eiern schlüpfen „Zoea-Larven“, welche planktisch leben. Die Larven schweben also im Wasser und ernähren sich von den Schwebstoffen. Dabei durchlaufen sie mehrere Entwicklungsstadien, bis sie sich schließlich zu vollentwickelten Junggarnelen häuten. Diese verfügen nun wie beim entwickelten Fortpflanzungstyp über Schreitbeine und suchen Schutz in dichter Bepflanzung oder Mooskugeln. Die meisten Garnelen-Larven erreichen nicht einmal mehr die Häutung zur Junggarnele, eine Nachzucht im Süßwasseraquarium bleibt jedoch möglich.

Der primitive Fortpflanzungstyp – Brackwasser
Beim primitiven Fortpflanzungstyp sind viele Caridina-Arten auf Brackwasser angewiesen. Die Larven schlüpfen im Süßwasser der Flüsse aus ihren Eiern. Für die weiteren Entwicklungsstadien benötigen sie jedoch Brackwasser oder sogar Meerwasser. Sie wandern deswegen flussabwärts und suchen einen Bereich mit passenden Salzwerten auf. Später benötigen sie wieder süßeres Wasser und dann Süßwasser. Sie wandern also wieder flussaufwärts. Caridina-Arten, die auf Brackwasser angewiesen sind, leben also in den unteren Abschnitten der Flüsse, da sie nicht hunderte Kilometer wandern können.

Die Vermehrung dieser Caridina-Arten ist für den normalen Aquarianer unmöglich oder zumindest sehr schwierig. Die Larven müssen in einem gesonderten Aquarium schlüpfen, welches zuerst ganz langsam aufgesalzen wird, um den Salzgehalt anschließend wieder zu verwässern. Ein kleiner Fehler während der ganzen Entwicklung reicht, damit der Versuch bereits gescheitert ist.

Primitiver Fortpflanzungstyp – ein Nachteil?
Es lässt sich darüber streiten, ob Caridina-Garnelen des primitiven Fortpflanzungstyps ein Nachteil für das Aquarium sind. Für die einen ist es schöner, wenn sich die Garnelen selbstständig vermehren und damit keine Kosten für Ersatzanschaffungen entstehen. Andere möchten die Kontrolle über ihr Aquarium behalten oder mögen es nicht, wenn viele Junggarnelen hervorkommen. Für diese Aquarianer wären genau diese Zwerggarnelen oder auch Schnecken des primitiven Fortpflanzungstyps perfekt.

Sulawesi Garnelen

Zu den Caridina-Garnelen gehören auch mehrere Sulawesi-Arten, die nicht nur wegen der geografischen Heimat gesondert betrachtet werden. Es sind sehr schöne Garnelen dabei, die bis auf Ausnahmen tendenziel schwer in der Haltung und Vermehrung sind. Demnach empfiehlt sich schon deswegen ein Artenbecken, um Stressfaktoren zu mindern. Sulawesi Garnelen sind also nichts für Anfänger oder einen gemischten Besatz, wenn dieser nicht sehr dünn ausfällt.

Zwerggarnelen der Gattung Neocaridina

Neocaridina sind Garnelen, welche aus der Gattung der Caridina abgetrennt wurden. Sie unterschieden sich durch kleine Merkmale, die erst unter dem Mikroskop sehr sicher festgestellt werden.

    Es sind:
  • am ersten Schwiemmbeinpaar ein abgerundeter Innenast als Geschlechtsorgan beim Männchen
  • Form der Mundwerkzeuge
  • häufig eine dornartige Verlängerung zur Vorderseite des Rückenpanzers

Diese Zwerggarnelen gehören alle dem fortgeschrittenen Fortpflanzungstyp an. Sie bilden große Eier, aus denen bereits vollentwickelte Junggarnelen schlüpfen, die sich in Süßwasser wohlfühlen. Das ist aber nur ein entscheidender Unterschied zu den Caridina-Garnelen.

Insgesamt gelten Neocaridina- Arten als einfacher in der Pflege. Diese Zwerggarnelen sind ganz unabhängig zum Nachwuchs anspruchsloser. Es gibt auch einige Caridina-Arten, die als einfach in der Haltung gelten. Doch wenn es um kleine Sprünge in der Wasserqualität oder der Temperatur geht, sind Neocaridina tendenziell robuster. Diese Zwerggarnelen sind deswegen die perfekten Anfänger-Garnelen. Dennoch ist sehr darauf zu achten, dass beim Wasserwechsel gutes Wasser nachgefüllt wird, keine Schwermetalle oder Weichmacher in das Aquarium gelangen und eine Stelle im Aquarium üppig bepflanzt ist.

Wissenswert ist, dass sich von den 29 entdeckten Neocaridina-Arten bislang nur drei in der Hobby-Aquaristik etablieren. Diese werden jedoch in verschiedenen Zuchtsorten angeboten, zu den bekanntesten gehören Red Fire, Sakura oder die Marmorgarnele. Leider sind einige der Hochzuchten empfindlicher, vertragen keinen Stress und gelten deswegen wieder als schwierig in der Haltung.

Neocaridina davidiNeocaridina davidi in einem Aquarium der Seerose Frechen

Neocaridina davidiNeocaridina davidi, Bilder Seerose Frechen

Zwerggarnelen – allgemein zur Haltung

Ob Caridina oder Neoraridina – einige Arten eignen sich besser zur Algenbekämpfung als andere. Die Amanogarnele „Caridina japonica multidentata“ ist auch deswegen der Klassiker, weil sie viele verschiedene Grünalgenarten und damit selbst Fadenalgen frisst. Andere Zwerggarnelen sind wählerischer und verschmähen einige gängige Grünalgen. Aber alle Zwerggarnelen fressen zumindest einige Grünalgen, Mulm, suchen im Detritus und weiden Oberflächen ab.

Neben den Algen benötigen Zwerggarnelen weitere Nahrung. Zerdrückte Tiefkühlerbsen, überbrühter Salat und Zwerggarnelenfutter sind nur ein Teil, Laub der andere. Das saubere und getrocknete Herbstlaub der Eiche, Erle, Buche oder auch der Seemandelbäume hat eine weitere Eigenschaft, welche auch Morkienwurzeln mitbringen: Sie geben Huminsäure an das Wasser ab, welche antibakteriell wirkt. Alle Garnelen sind empfindlich, weswegen diese selbstreinigenden Effekte im Aquarium zu unterstützen sind.

Ein weiteres Problem sind Aquarienfilter, die nicht gegen das Einsaugen der Zwerggarnelen oder deren Larven und Junggarnelen geschützt sind. Perfekt sind Hamburger Mattenfilter, welche mit ihrer Oberfläche gleichzeitig zur nahrhaften Weidefläche für die Garnelen werden.

Fächergarnelen der Gattungen Atya, Atyoida und Atyopsis

Gegenüber den farbenfrohen Zwerggarnelen sind die Farben der Fächergarnelen eher schlicht. Ihre Körper sind außerdem gedrungener und ihre Schreitbeine sehr kräftig. Mit dem dritten und zugleich kräftigsten Paar heften sie sich in der Strömung auf Hartsubstrat oder Holzwurzeln fest. Nur mit genügender Strömung öffnen sich die Borsten-Fächer der beiden vorherigen Schreitbeine. Die hinteren Schreitbeine dienen hingegen allein der Fortbewegung.

Fächergarnelen benötigen also eine Strömung im Aquarium und zugleich Schwebstoffe im Wasser. Sie setzen sich in die Strömung, bewegen sich kaum und fächern passiv die Schwebstoffe aus dem Wasser. Diese führen sie mit zusammengeklappten Fächern zum Mund. Gibt es nur wenige Schwebstoffe im Wasser, suchen die Fächergarnelen am Bodengrund. Die relativ großen (Blaue Monsterfächergarnele bis 16 cm) und gemütlichen Fächergarnelen werden aber nicht genug Nahrung finden und verhungern mit der Zeit. Es ist deswegen auf ein großes Aquarium mit genügend vielen Schwebstoffen zu achten, es gibt spezielle Futtermittel. Der Aquarienfilter darf diese also nicht herausfiltern. Es dürfen auch nicht zu viele Fächergarnelen im Aquarium leben sowie auf Muscheln zu verzichten ist. Diese haben eine enorme Reinigungskraft und fressen den Fächergarnelen alles weg.

Zugleich brauchen Fächergarnelen viel Sauerstoff im Wasser, es sollte einen Ausströmer für Luftblasen geben. Außerdem ist ein Rückzugsbereich mit dichter Bepflanzung notwendig.

Weniger farbenfroh, aber schön anzusehen sind Fächergarnelen, wenn sie in der Strömung sitzen und mit geöffneten Fächern Schwebstoffe herausfiltern. Das dauert seine Zeit, andere Aquarienbewohner dürfen nicht stören und müssen deswegen friedlich auf Abstand bleiben.

Leider wird ein ganzer Teil der Schwebstoffe auf den Bodengrund sinken. Perfekt ist es, wenn einige Zwerggarnelen oder Schnecken wie indische Turmdeckelschnecken diesen abweiden, damit nicht zu viel Futter einsinkt. Ansonsten bilden sich Faulgase.

    Gängige Fächergarnelen sind:
  • Molukken-Bergbachgarnele – Atyopsis moluccensis
  • Dornenfuß-Bergbachgranele – Atyopsis spinensis
  • Blaue Monsterfächergarnele – Atya gabonensis
  • Pilipes-Fächergarnele – Atya pilipes
  • Raue Fächergarnele – Atya scabra

Alle Süßwasser-Fächergarnelen gehören zum primitiven Fortpflanzungstyp, der auf Brackwasser angewiesen ist. Leider ist es sehr schwierig, Fächergarnelen zu vermehren. Wenn diese angeboten werden, handelt es sich fast immer um Wildfänge oder andere Importe. Aus diesem Blickwinkel sind Fächergarnelen im Aquarium kritisch zu betrachten.

Großarmgarnelen der Gattung Macrobrachium

Macorbrachium Garnelen sind nach den verlängerten Greifarmen der Männchen benannt, mit denen sie blitzschnell zugreifen. Können sie die Beute nicht festhalten, bleiben Verletzungen zurück. Einige Großarmgarnelen sind ohnehin auf Aas spezialisiert, welches jedoch nie lange im kleinen Aquarium liegen soll. Ungewürztes Rinderhack oder Frostfutter mit Mückenlarven sind geeignetes Futter.

Während Süßwasser-Zwerg- und Fächergarnelen friedlich bleiben und eher vor anderen Aquarienbewohnern zu schützen wären, sind Großarmgarnelen Räuber. Jedes andere nicht zu große Tier im Aquarium werten sie als Beute und fischen nach und nach das ganze Becken leer. Die Großarmgarnele eignet sich also höchstens für sehr große Aquarien mit ausgesuchten Mitbewohnern oder für das Artenbecken. Die Kantenlänge soll für kleine Arten ab 60 cm, sonst ab 100 cm betragen. Es gibt aber auch besonders große Großarmgarnelen wie die Rosenberggarnele. Diese wird bis 30 cm lang, die Fangarme der Männchen erreichen ausgeklappt eine Länge von 50 cm. Hier wären Becken ab 1000 Liter notwendig.

Auch untereinander können Großarmgarnelen sich nachstellen. Im normalen Aquarium wird sich immer ein Männchen durchsetzen, die anderen bleiben kleiner und wirken wie Weibchen. Doch während der gelegentlichen Häutung muss das dominante Männchen um seine Stellung kämpfen und ist angreifbar. Aber auch die Weibchen werden von Männchen angegriffen, wenn das Futter knapp wird oder es einfach zu viele Großarmgarnelen im Becken gibt. Einige von ihnen können sich immerhin im Süßwasserbecken vermehren.

Aus diesen Gründen sollen im Artenbecken nur ein Männchen mit einem oder mehreren Weibchen leben. Auch diese wenigen Großarmgarnelen benötigen sogenannte „Landmarken“, um Reviere zu markieren. Es kann sich um Pflanzen, Steine oder ähnliche Gegenstände handeln, die deswegen gut verteilt im Becken vorhanden sein müssen.

Großarmgarnelen benötigen auch pflanzliche Kost und gehen sogar an die Wasserpflanzen, weswegen sogenannte Barschpflanzen zu bevorzugen wären. Die Wasserpest kann hingegen als Grünfutter dienen. Aber auch Futtertabletten füllen den Bedarf an Pflanzenmasse auf.

Zwerggarnelen bleiben der Klassiker

Fächergarnelen oder Großarmgarnelen haben ihre Reize. Doch leider ist das ganze Aquarium auf sie abzustimmen. Viele wollen lediglich ein paar Mitbewohner als hübsche und nützliche Ergänzung und entscheiden sich deswegen für Zwerggarnelen. Es gibt sogar noch ein paar weitere Arten, welche sich für Aquarien eignen, die aber weder zu Caridina, noch den Neocaridina zählen.

Wichtig bleibt, dass die Wasserwerte für alle Beckenbewohner passen. Außerdem empfiehlt es sich beim fortgeschrittenen Fortpflanzungstyp, nur Garnelen zu kombinieren, die sich nicht vermehren können. Ansonsten gehen die Farben der Hochzuchten direkt unter.