Microctenopoma ansorgii

Boulenger, 1912

Text von Swen Oppel-Matuschek, Bild von Anke Binzenhöfer

Im Laufe meines nun schon mehr als dreißig Jahre andauernden Zusammenlebens mit meinen beschuppten Freunden gibt es einige Arten, die immer wieder den Weg in meine Aquarien gefunden haben. Eine dieser Arten ist der Orange-Buschfisch. Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen. Ich stöberte wieder einmal durch das Zoogeschäft meiner Heimatstadt. Dabei entdeckte ich in einem der Becken ein paar unscheinbar braune Fische, die sich in der sehr spärlich vorhandenen Deckung zu verstecken suchten. Erkennen konnte ich, dass es sich um Labyrinthfische handelte. Doch wie erfreut war ich, als mir der Händler verriet, dass es sich um Exemplare des Orange-Buschfisches handelte. Eine Art, die ich bis dahin nur von den Abbildungen aus Hans-Joachims Richters „Buch der Labyrinthfische“ kannte und von deren Haltung ich bis zu diesem Zeitpunkt nur träumen konnte.

M. ansorgii hat seinen Verbreitungsschwerpunkt in Kamerun in Westafrika. Laut Literatur bewohnen sie die Uferregion langsam fließender Gewässer. Dabei sind die Buschfische typische Kleintierfresser. Im Aquarium bevorzugen sie Lebend und Frostfutter. Bei der Futtersuche drehen die M. ansorgii im wahrsten Sinne jeden Stein um und erweisen sich auch als sehr gründliche Planarienfresser, die mich bereits von mehr als einer solchen Seuche befreit haben. Nur selten gehen sie auch an Trockenfutter. Bedenken sollte man jedoch, dass sie sich, bei längeren fütterungsfreien Perioden (Urlaub, Dienstreisen), auch schon mal an der Beflossung ihrer Mitbewohner vergreifen können. Der bevorzugte Aufenthaltsort der Buschfische ist die überhängende Ufervegetation. Auch im Aquarium werden dunkle Unterstände bevorzugt. Nach meinen Erfahrungen haben die M. ansorgii ein ausgeprägtes Sozialverhalten und bilden eine Rangordnung aus. Für die Haltung empfiehlt sich daher ein etwas großzügiger bemessenes Becken. Dafür dürfen es aber auch ein paar Individuen mehr sein.

Microctenopoma ansorgiiMicroctenopoma ansorgii, der Orangebuschfisch

Die von den bekannten Fotos stark abweichende Färbung der Tiere im Händlerbecken hielt mich damals nicht vom Kauf ab und so zogen alle vorhandenen 5 Tiere in mein damaliges 100l Gesellschaftsbecken ein, das bereits mit drei verschiedenen Salmlerarten besetzt war. Die Buschfische verschwanden sofort in der Deckung und dort blieben sie dann auch erst einmal. Tagsüber konnte ich sie nach intensiver Suche manchmal zwischen den Pflanzen stehen sehen. Dann zeigte sie die aus dem Händlerbecken bekannte braune Tarnfärbung. Dies änderte sich schlagartig nach der Eingewöhnungsphase. Vor allem in der abendlichen Dämmerung kamen die Tiere aus der Deckung und fochten ihre Rangordnung aus. Dies kann die Streithähne durchaus einige Stunden beschäftigen. Dabei zeigten sie die auf Richters Fotos so begeisternde orange Streifenzeichnung. Jetzt wagten sich auch immer wieder einzelne Tiere ins freie Wasser. Kam es zu Begegnungen erschien sofort die intensive Streifenzeichnung und das rangniedere Tier räumte das Feld. Ab und an kam es dennoch immer wieder zu harmlosen Rangeleien. Mit der Zeit wurden meine Orange-Buschfische auch immer zutraulicher und ich hatte das Gefühl, dass sie die Umgebung auch außerhalb ihres Zuhauses sehr aufmerksam wahrnahmen. So glaubte ich mich manchmal regelrecht beobachtet, wenn ich vor dem Aquarium saß.

Die Geschlechter konnte ich lange Zeit nicht unterscheiden. Erst nach einem halben Jahr intensiver Beobachtung glaubte ich ein Männchen anhand der längeren Flossen und einige Weibchen anhand einer aufgehellten Bauchpartie, die sie aber nur in der braunen Grundfärbung zeigten, identifizieren zu können. Diese Vermutung wurde eines Tages überraschend bestätigt. Zuerst fiel mir nur auf, dass sich alle Salmler in einer Hälfte des Aquariums aufhielten. Erst später bemerkte ich einen Buschfisch, der in der dunkelsten, ruhigsten Ecke des Beckens außerhalb jeglicher Deckung stand. Statt an das offensichtliche zu denken, bekam ich erst einmal einen Schreck. Sah das Tier doch ganz anders aus, als ich es bisher gewohnt war! Etwa das Anzeichen einer Krankheit? Das Tier war nahezu schwarz gefärbt, wovon sich die porzellanweisen Flossensäume sehr kontrastreich abhoben, ja förmlich aus der Dunkelheit des Beckens leuchteten. Ein Blick an die Oberfläche beruhigte mich schnell. Dort prangte ein ca. 10 cm im Durchmesser messendes Schaumnest. Dieses bestand zwar nur aus einer dünnen Lage Schaum, war aber entgegen manchen Angaben in der Literatur deutlich zu erkennen. Die Larven schlüpfen nach ca. zwei Tagen und bleiben noch weitere ein bis zwei Tage im Nest. Später standen sie direkt unter der Oberfläche und entwickelten sich bei reichlicher Fütterung mit Tümpelfutter relativ zügig. Mit ca. 5 mm bekommen sie ihre Streifen und beginnen um ihre Minireviere zu rangeln.

Diesen wunderschönen Stamm von M. ansorgii konnte ich bis in die F2 vermehren. Leider starb er dann bei mir aus, da sich die zehn, von mir zurückbehaltenen Jungtiere ausnahmslos zu Männchen entwickelten. Es sollte einige Jahre dauern, ehe wieder sechs M. ansorgii in eines meiner Aquarien einzogen. Die Tiere waren mit 3 bis 4 cm geschlechtlich noch nicht ausdifferenziert und verschwanden ebenfalls erst einmal in dem reichlich strukturierten, dicht bepflanzten Becken, das sie mit halbwüchsigen Tüpfelbärblingen (Danio nigrofaciatus) und einigen Panzerwelsen (Corydoras similis) teilten.

Als sie sich mit 5 bis 6 cm Körperlänge häufiger sehen ließen, zeigten sich einige deutliche Unterschiede zu meinen vorherigen Tieren. So wirkte die orange Streifung blasser und die Schnauzenpartie runder. Besonders deutlich wurden die Abweichungen jedoch bei der Beobachtung des Verhaltens bei der Fortpflanzung und des Verhaltens der Jungfische. So bestand das Schaumnest lediglich aus ein paar einzelnen Blasen und die Eier trieben mehr oder weniger frei. Die Jungen gingen bereits nach ca. zwei Wochen zu einer bodenorientierten Lebensweise über und verschwanden in der Deckung. Ob sich diese abweichenden Verhaltensweisen aus den unterschiedlichen Bedingungen im Aquarium, individuellen Besonderheiten oder aber durch Unterschiede der einzelnen Ursprungspopulationen ergeben, vermag ich jedoch nicht zu sagen. Ich hoffe, dass die jetzt in zweiter Nachzuchtgeneration bei mir schwimmenden Tiere auch zukünftig in meinen Aquarien erhalten bleiben und mir vielleicht noch einige ihrer Eigenarten preisgeben.

Wer es einmal mit diesen kleinen Charakterköpfen probieren möchte, dem kann ich das nur empfehlen. In Kombination mit den richtigen Beifischen sind die Orangebuschfische gut zu vergesellschaften und wenig scheu.

Quellen: Richter H.J.(1982); Das Buch der Labyrinthfische, 2. Auflage, Neumann Verlag, S.134f. Linke H. (2013); Labyrinthfische, 1. Auflage, Tetra Verlag, S.345.